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Staatsziel Wachstum auf Kosten von Umwelt- und Klimaschutz?

Sorgen über geplante Aufweichungen beim Umweltschutz

2018 wird ein entscheidendes Jahr für das Naturjuwel Kamptal im Waldviertel: die EVN will nämlich die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für den Abriss des historischen Kampkraftwerks in Rosenburg (in einem Europaschutzgebiet) und dessen größeren Neubau – mit höherer Staumauer und kilometerlanger Unterwasserausbaggerung – in den nächsten Monaten über die Bühne bringen. Nachdem der Mehrheitseigentümer Land Niederösterreich auch gleichzeitig die zuständige Genehmigungsbehörde darstellt, ist die Sorge bei vielen Freundinnen und Freunden des Kamptals erheblich.

Doch das ist nicht der einzige Grund für die zunehmenden Kopfschmerzen bei jenen Menschen in Österreich, denen der Erhalt der heimischen Naturschätze am Herzen liegt: Laut Regierungsprogramm der neuen ÖVP-FPÖ-Koalition könnte es hart erkämpften Umweltschutzgesetzen zugunsten von Wirtschaftsinteressen an den Kragen gehen. Unter anderem sollen Wachstum als explizites Staatsziel definiert und so der umfassende Umweltschutz relativiert sowie die Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) „beschleunigt“ werden.

Die steirische Umweltanwältin Ute Pöllinger äußerte sich im Interview mit der Kleinen Zeitung „entsetzt“ über die Regierungspläne zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Unter anderem will die Regierung bei UVP’s einen „Standortanwalt“ einführen, der die Interessen vertritt, die für das zu genehmigende Projekt sprechen. „Das ist schon etwas schräg, wenn man unter dem Titel der Verfahrensbeschleunigung eine zusätzliche Partei ins Spiel bringt, die den Aufwand noch vergrößert. Außerdem glaube ich nicht, dass die Wirtschaft darauf angewiesen ist. Sie vertritt ihre Interessen in der Regel selbst ganz gut,“ erklärte die Umweltanwältin.

Größere Sorgen bereitet Pöllinger auch das Ansinnen der Regierung, Projekten von „langfristiger Bedeutung“ freihändig „öffentliches Interesse“ zu attestieren (wohl um diese  leichter durchsetzen zu können; Anmk.). Pöllinger: „Diese Pläne entsetzen mich. Ich dachte eigentlich, dass wir über den gesetzlichen Standard der 50er- und 60er-Jahre hinaus sind. Werden diese Pläne umgesetzt, würde das dazu führen, dass künftig auch absolut umweltunverträgliche Projekte genehmigt werden könnten. Die Interessen des Projektwerbers würden automatisch über allen anderen Interessen stehen, etwa jenen am Natur- oder Klimaschutz. Das kann es doch nicht sein.“
In der Regel würden nur jene Verfahren lange dauern, wo es eine Vielzahl an Betroffenen gibt. Aber: „Wenn man diese vielen Betroffenen nicht mehr ernst nimmt, zweifle ich am Rechtsverständnis dieser Regierung,“ so Pöllinger.

Auch große Umweltschutzorganisationen haben vor Weihnachten das neue Regierungsprogramms hinsichtlich Umwelt- und Klimaschutz analysiert. Unisono gab es harsche Kritik und es wurde Besorgnis laut. Es werde deutlich, dass die schwarz-blaue Koalition umweltschädliche Großprojekte schneller durchpeitschen will, sagte etwa Hanna Simons, Leiterin der Natur- und Umweltschutzabteilung des WWF Österreich. „Wir sehen die große Gefahr, dass unter dem Deckmantel der Verfahrensbeschleunigung die Umweltstandards gesenkt werden sollen. Dagegen werden wir entschieden auftreten“, kündigte sie an.

Das Wort Naturschutz komme im Regierungsprogramm genau einmal vor und dort auch nur in Verbindung mit schnelleren Betriebsanlagenverfahren. „Während sich zu Natur und Umwelt oft nur schöne Bekenntnisse finden, sind die Pläne für das Durchpeitschen von Großprojekten bereits sehr konkret“, betonte Hanna Simons unter Verweis auf die umstrittene Staatszielbestimmung für den Wirtschaftsstandort, die dritte Piste am Wiener Flughafen, das geplante Standortentwicklungsgesetz sowie zahlreiche Vorhaben für Verfahrenskonzentrationen auch außerhalb der Umweltverträglichkeitsprüfung. „Das könnte zu Lasten von Wasser- und Naturschutz gehen. Der Verdacht liegt nahe, dass die Koalition versucht, die Umweltstandards über die einzelnen Materiengesetze nach unten zu drücken“, warnte sie. Zu hinterfragen ist auch die im Justizkapitel verankerte, aber nicht weiter erklärte „Wirtschaftsgerichtsbarkeit mit dem Primat der Beschleunigung“.

„Die Vorhaben der schwarz-blauen Regierung sind aus ökologischer Sicht derzeit klar unzureichend“, resümierte auch Greenpeace Weihnachten und warnte ebenfalls vor einer „drohenden Beschneidung von Umweltrechten zu Gunsten von Großprojekten“. „Überall dort, wo es um den Abbau von Umweltrechten geht, ist das Regierungsprogramm wesentlich konkreter als dort, wo es um den Schutz der Umwelt geht“, meinte Greenpeace-Sprecher Herwig Schuster in einer Aussendung. Unter dem Deckmantel der Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung solle offenbar gesichert werden, dass im „Zweifelsfall Wirtschaftsinteressen vor Umweltschutz-Anliegen gestellt werden“. „Das ist eine Retro-Umweltpolitik aus den Zeiten vor der Hainburg-Bewegung“, so Schuster.

„Wer Umweltschutz ernst nimmt, darf keine umweltschädlichen Großprojekte forcieren und Bürgerbeteiligungsrechte aushebeln. Ansonsten wird unser wertvolles Naturerbe in Frage gestellt“, so Hanna Simons weiter, die auch Widersprüche im Programm ortete: „Einerseits will die neue Regierung den ökologischen Zustand unserer Fließgewässer verbessern, andererseits im selben Kapitel weitere Verwaltungsvereinfachungen bei der Genehmigung des Ausbaus der Wasserkraft. Das passt nicht zusammen. Unsere Umwelt droht hier zum Verlierer werden.“

Die UVP zum Neubau des Kampkraftwerks Rosenburg  wird vermutlich rasch nach der NÖ-Landtagswahl starten. Derzeit sind keine Details über den Letzt-Stand des Kraftwerksprojekts öffentlich bekannt. Naturschutzorganisationen haben wiederholt sowohl EVN als auch Mehrheitseigentümer und Genehmigungsbehörde NÖ Landesregierung zu einem Dialog über wirtschaftlich und ökologisch verträglichere Alternativen aufgefordert, um unnötige Konflikte und teure Fehlinvestitionen zu vermeiden. Doch diese Appelle verhallten bis jetzt…

Das Kamptal braucht unseren Einsatz im Jahr 2018.
Mehr denn je!

Werner Gamerith: Die Natur einer Kulturlandschaft

Vortrag und Buchpräsentation von Werner Gamerith

Für Mensch und Natur hat das Kamptal überregionale Bedeutung. Es war
 Zentrum der mittelalterlichen Kolonisation und gründerzeitlicher
 Sommerfrische, ist Standort von Klöstern und Burgen, alten Mühlen und
 neueren Kraftwerken, großartigen Naturresten und lohnenden Wanderzielen.
Das Katastrophenhochwasser 2002 war ein Anstoß, das Flusssystem als
 Ganzheit zu betrachten, ihm und seiner Lebenswelt wieder Raum
zurückzugeben. Leider droht schon wieder ein Kraftwerksbau in einem besonders sensiblen Abschnitt des Mittellaufs.
Trotz mancher Verluste ist viel Ursprüngliches erhalten: Bäche und Moore, 
traditionelle Streifenfluren und grandiose Felsbildungen, Naturwälder oder
 pannonische Trockenrasen werden von selten gewordenen Pflanzen und Tieren 
bewohnt.
Der Vortrag stellt – ebenso wie der gleichnamige Bildband – diesen 
Reichtum vor.

Referent: DI Werner Gamerith, Waldhausen im Strudengau
Studierte an der BOKU Kulturtechnik und Wasserwirtschaft, lebt auf einem kleinen Bauernhof, pflegt und gestaltet mit seiner Frau einen Natur- und Biogarten, fotografiert, schreibt und hält Vorträge zu ökologischen Themen.
Seine Bücher, u.a. „Naturgarten – Der sanfte Weg zum Gartenglück“, vermitteln naturnahe Gartengestaltung, ökologische Zusammenhänge und ein zukunftsfähiges Wertebewusstsein, das man auch in einem kleinen Garten üben kann.
Konrad-Lorenz-Preis-Träger und weitere Auszeichnungen.

Bücher von Werner Gamerith können nach dem Vortrag erworben und signiert werden.

Wann: Dienstag, 4. Oktober, 2016 um 19.00 Uhr


Wo: Stift Zwettl

Diese Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit dem Kath. Bildungswerk Stadt und Stift Zwettl durchgeführt.

Bitte hinkommen – und weitersagen!

Vor Klimakonferenz von Paris: Klima-Marsch in Wien

Das Bündnis „System Change, not Climate Change!“ drängt auf tatsächliche Lösungen für die Klimakrise anlässlich des UN-Klimagipfels (COP21)

Weltweit finden am Wochenende vor UN-Klimagipfel in Paris „Climate Marches“ und Aktionen statt. In Wien ruft das Bündnis „System Change, not Climate Change!“ am Sonntag, 29.11., zu einer Demonstration und einem darauf folgenden Straßenfest vor dem Parlament auf. Mehrere tausend DemonstrantInnen werden erwartet.

Um die Klimakrise in den Griff zu bekommen und für Klimagerechtigkeit zu sorgen, muß die Menschheit die Art und Weise, wie  gewirtschaftet und gelebt wird, grundsätzlich ändern.

Termin: Sonntag, 29.11.2015
Climate March ab 12:30 Uhr vom Sigmund-Freud Park zum Straßenfest ab 14:00 Uhr vor dem Parlament, um etwa 15 Uhr wird ein Pressefoto versendet: Foto von 23 Meter Höhe des von Hunderten von Menschen geformten Schriftzugs „System Change!“ vor dem Parlament.

Wir brauchen eine echte Energiewende und ernsthaften Klimaschutz in allen Politikfeldern und Lebensbereichen.

Die Aktionsgruppe Lebendiger Kamp unterstützt daher den Aufruf zum Klima-Marsch.

Bitte hinkommen und weitersagen!

Die Aktionsgruppe Lebendiger Kamp

150 Menschen bei Kamptalwanderung

Mehr als 150 Menschen folgten am Samstag dem 14.11.2015 der Einladung der Aktionsgruppe „Lebendiger Kamp“ gemeinsam mit dem Naturschutzbund NÖ und dem WWF zum Lokalaugenschein beim Kraftwerk Rosenburg – und informierten sich über die Auswirkungen des geplanten Kraftwerksneubaus. Sogar aus Tirol waren Mitglieder der WWF Jugendorganisation „Generation Earth“ angereist, um das Kamptal kennen zu lernen.

Der bekannte Kamp-Buchautor Werner Gamerith und der Naturschutzexperte Univ.Prof. Dr. Bernd Lötsch erläuterten die von der EVN bisher vorgelegten Pläne und strichen bervor, dass der geringe Zuwachs an Stromausbeute die Eingriffe auf bis zu über zwei Kikometer freier Fließstrecke keinesfalls rechtfertigen könne: Der Kamp ist hier als Landschaftsschutzgebiet und als Europaschutzgebiet gewidmet, was ökologische Verschlechterungen eigentlich ausschliessen sollte. Darüber hinaus haben zwei frühere Minister gemeinsam mit dem WWF diesen betroffenen Abschnitt auch als „Flussheiligtum“ klassifiziert. Die neuen Kraftwerkspläne sorgte daher bei den vielen BesucherInnen für Kopfschütteln.

Die VertreterInnen der Naturschutzorganisationen legten ihre Position klar: Es gibt keine fundamentalen Vorbehalte gegen eine Modernisierung der Turbinen und eine Bestandssanierung beim alten Kraftwerk, um einen höheren Wirkungsgrad zu erzielen. Eingriffe in die freie Fliessstrecke lehnen die Organisationen aber klar ab. Sollte eine Bestandssanierung ohne Eingriff in den Naturraum sich als nicht ausreichend rentabel für die EVN erweisen, wird ein Rückbau der Kraftwerksanlage empfohlen. Dies könnte im Rahmen einer breiten Natur-Partnerschaft zwischen dem Betreiber EVN naturkraft  und NGOs erfolgen. Damit würde es auch möglich sein, die Gesamtregion zu fördern.

Die NGOs sind derzeit mit der EVN in einem Diskussionprozess bezüglich möglicher Optionen für das Kamptal und werden bis zum 23.11. Stellungnahmen  zu den ersten Variantenuntersuchungen der EVN einbringen. Die NGOs hoffen, dass der (zu begrüssende) Dialog-Prozess mit der EVN  vom Projektwerber tatsächlich ernst genommen wird und dass eine tragbare Lösung für alle Seiten – vor allem für den Kamp – zur Umsetzung kommt.

Das Kamptal, die EVN und ein Kraftwerksneubau…

Das mittlere Kamptal ist ein einzigartiges Naturparadies und wurde vom WWF und vom Lebensministerium als „Flussheiligtum“ ausgezeichnet. Daher sollte es eigentlich unantastbar sein. Doch nun drohen der Abriss und der erweiterte Neubau des alten Kraftwerks Rosenburg. Die Aktionsgruppe „Lebendiger Kamp“ will das Kamptal in seiner Schönheit, Wildheit und Artenvielfalt erhalten..

Der niederösterreichische Kraftwerksbetreiber EVN verfolgt den Plan, das alte Kraftwerk Rosenburg durch eine größere Anlage zu ersetzen. Dazu wurde im Sommer 2015 mit Varianten-Untersuchungen begonnen. Für das neue Kraftwerk würde eine höhere Beton-Staumauer errichtet, der bestehende Stauraum  auf mindestens einen Kilometer in das Europaschutzgebiet hinein verlängert und die Flusssohle im Unterwasser durch Ausbaggerungen schwer geschädigt werden. Die Energieausbeute des neuen Kraftwerkes wäre bescheiden und würde in keinem sinnvollen Verhältnis zur dadurch angerichteten Zerstörung der freien Fließstrecke stehen.

Um das einmalige Kamptal in seiner Schönheit und Artenvielfalt zu erhalten, haben sich engagierte Menschen mit NGOs und ExpertInnen zusammengetan – und die „Aktionsgruppe Lebendiger Kamp“ ins Leben gerufen.

Wir sind der Meinung, dass das wunderbare Kamptal als Naturraum für die hier vorkommenden Arten als Lebens- und für die Menschen als Erholungsraum bewahrt werden muss!
Ein Kraftwerksneubau ist im Europasschutzgebiet Kamptal nicht vertretbar.

Wir treten vehement für die ökologische Energiewende ein.
 Der Ausbau von Sonnen-, Wind- und Biomasseenergie sowie Energieeinsparung und die bessere Effizienz bestehender Kraftwerke sind das klare Ziel – auch von uns NaturschützerInnen! Dazu ist es natürlich sinnvoll, bestehende Wasserkraftwerke zu optimieren.

Im Gegensatz zu den von der EVN vorgelegten Plänen für den Kamp bei Rosenburg etwa ist im Falle des EVN-Kraftwerkes Mühlhof in Scheibbs das Wort Revitalisierung tatsächlich angebracht:  Das unter Denkmalschutz stehende historische Kraftwerksgebäude wurde mustergültig renoviert, mit neuer Turbinentechnik die Stromausbeute um 10 % erhöht, ohne dass das Wehr erhöht oder das Unterwasser eingetieft wurde. Warum ist so eine behutsame Vorgangsweise an der regulierten Erlauf im Stadtgebiet von Scheibbs möglich, nicht aber beim als Flussheiligtum ausgewiesenen Kamp bei Rosenburg?

Wir lehnen es ab, für eine dürftige Steigerung in der Stromausbeute eines unserer letzten intakten Flussheiligtümer zu schädigen. Wir weisen es zurück, so ein Vorhaben auch noch als ökologisch optimierte Revitalisierung zu verharmlosen. Das teilweise durch Staumauern bereits  ökologisch  stark beeinträchtigte Kamptal verdient vielmehr eine Renaturierung und keine weiteren Eingriffe in den Naturraum durch Kraftwerksneubauten.

Nun braucht es viele Stimmen von engagierten Menschen, um das einmalige Kamptal zu retten! Machen auch Sie / mach auch Du mit:  Aktiv werden