Land NÖ soll sich nicht selber als Hauptaktionär der EVN eine Bewilligung zu erteilen…

Diese engagierte Stellungnahme zum UVP-Verfahren wollen wir euch nicht vorenthalten…

Stellungnahme  Ursula Duit
(3400 Klosterneuburg)

Betrifft: Einspruch zur beabsichtigten Neuerrichtung des Kraftwerkes Rosenburg

Der natürliche Lebensraum des Kamp Flusses soll erhalten bleiben, also kein Eingriff für eine Kraftwerksneuerrichtung veranlaßt werden. Im Gegenteil soll – wie von der Plattform Lebendiger Kamp vorgeschlagen – die Wildflussstrecke durch Dammöffnung verlängert werden. Und anstelle der Energiegewinnung durch Wasserkraft soll das Land NÖ auf Sonnenenergie setzen.

Begründungen:

1. Es handelt sich um einen rechtlich geschützten Lebensraum (FFH und Vogelschutz Richtlinie, NÖ Naturschutzgesetz). Dieser Schutz besteht, weil er Sinn macht und dringender denn je notwendig ist. Der bestehende Schutzstatus wird sinnentleert,  wenn rechtliche Gegebenheiten so genutzt werden, dass Interessen durchgedrückt werden können, die dem eigentlichen Naturschutz zuwiderlaufen (etwa durch Anwendung des Begriffes „künstlich veränderter Wasserkörper“). Eine beliebige Interpretation, Zurechtbiegung oder Verzerrung rechtlicher Bestimmungen, ebenso wie eine Verharmlosung der Auswirkungen des Bauvorhabens unterwandern den tiefen Sinn und Zweck von Naturschutz. Es würde sich also um einen rechtlichen und politischen Gewaltakt handeln, wenn dieses Projekt genehmigt wird.

2. Das Land NÖ hat aus moralisch-ethischen Gründen die Aufgabe, sich nicht selber als Hauptaktionär der EVN eine Bewilligung zu erteilen – auch wenn dies die Rechtslage zuläßt.  Als Bürgerin erwarte ich mir von den Entscheidungsträgern und Entscheidungsgremien eine moralische Haltung, die auf Freiwilligkeit beruht und über rechtliche Möglichkeiten hinausgeht. Dies bedeutet, dass das Land NÖ freiwillig der Argumentation und Expertise von Seiten des Naturschutzes (sprich Naturschutzbund, Plattform Lebendiger Kamp mit all seinen ExpertInnen und engagierten Menschen) folgt, anstatt sich eine Eigenermächtigung zu erteilen und damit eine verwerfliche Optik zu erzeugen, bzw. damit einen verwerflichen Entscheidungsweg zu gehen. Behörden und Politik des Landes NÖ sollen sich also vorbildlich und über jeden Verdacht erhaben verhalten, genau so wie von den Bürgern rechtschaffenes und anständiges Verhalten erwartet wird.

3. Wasserkraftwerke können keinen Ökostrom liefern, weil sie gleichzeitig wertvollen natürlichen Lebensraum und Artenvielfalt zerstören. Damit verschlechtern sie die regional und global vernetzten ökologischen Kreisläufe, die bereits durch menschlichen Einfluß gestört sind. Da ich persönlich (ebenso wie meine Familie und Nachkommen) die regional und global vernetzten funktionierenden ökologischen Kreisläufe (die auch auf Artenvielfalt beruhen) zum Leben benötige, entspricht die geplante Neuerrichtung des Wasserkraftwerkes einem Angriff auf meine Lebensgrundlage (und damit jene aller BürgerInnen). Die Entscheidungen des Landes NÖ sollten jedoch die Sicherstellung  der natürlichen Lebensgrundlagen seiner Bevölkerung gewährleisten und (alternative) Energiegewinnung sowie wirtschaftliche Interessen dieser Sicherstellung der Ökosystemleistungen angleichen. Eine Neuerrichtung des Kraftwerkes widerspricht dieser Sicherstellung.

4. Naturnahe Lebens- und Wildnisräume dienen dem seelischen Wohlbefinden und damit der ganzheitlichen Gesundheit. In NÖ wurden und werden laufend  natürliche vielfältige  Lebensräume verdrängt oder in ihrer Qualität beeinträchtigt. Dieser Prozess eines  scheibchenweisen Verlustes  führt im persönlichen Erleben zu psychischem Stress, dem Erkennen einer Bedrohung und verhindert seelische Ausgeglichenheit.  Das betroffene Kampgebiet sowie andere verbliebene ähnlich wertvolle Bereiche in NÖ werden konkret von mir und vielen anderen Menschen zur seelischen Erholung aufgesucht und daher dringend in ihrer bestehenden Form zum Leben benötigt. Alleine das Wissen um einen neuerlichen Verlust wirkt sich schon belastend aus. Daher ist der  Eingriff am Kamp, wie er geplant ist,  als Teil einer erkennbaren Gesamtentwicklung sowie als einzelnes Projekt durch  negative Auswirkungen auf das seelische Wohlbefinden von Teilen der Bevölkerung und damit auf die Gesundheit abzulehnen.

5.Die Einladung und Motivation der niederösterreichischen Natur im Garten Aktion zur naturnahen Gartengestaltung hat unter anderem Ersatzlebensräume für heimische Tiere und Pflanzen zum Ziel, welche aus der Landschaft verschwunden sind. Als Privatperson rackere ich mich persönlich ab, eine Blumenwiese und andere Lebensraumelemente im eigenen Garten zu etablieren. Zusätzlich arbeite ich ehrenamtlich im Bereich Naturschutz, erbringe kostenlos Dienstleistungen in diesem Bereich und verzichte der Umwelt und Mitmenschen zuliebe auf viele konsumierende Güter und Verhaltensweisen. Wenn nun von der Landesregierung Maßnahmen gesetzt werden, die mit einem Schlag mehr Lebensraum ruinieren, als ich persönlich mit hohem Arbeitsaufwand herzustellen vermag, dann setzt mit der Zeit Frustration ein – Nicht nur bei mir, sondern bei einer Vielzahl von Bürgern, die dem Umwelt- und Naturschutz mit größtem persönlichen Einsatz quasi hinterherhetzen, weil im selben Atemzug das  neoliberale Wirtschaftsystem  mehr Lebensraum und Vernetzung verschlingt  als bewahrt oder geschaffen werden kann. Dieses Verhältnis muss sich umdrehen. Der Landtag und die Landesregierung  können als demokratische Volksvertretung nicht Teile dieses Volkes in die Erschöpfung treiben.

6. Die Medien und die Homepage des Landes NÖ transportieren ein großes Bewußtsein  für die Klimakrise, den Artenschwund und die gesamte Problematik der Ressourcenübernutzung. Das Land NÖ bietet zwar viele Initiativen, die der Umweltkrise entgegenwirken sollen und dies auch tun. Allerdings verbrauchen die Niederösterreicher durch den hohen Grad an Wohlstand und Luxus dennoch weitaus mehr als einen Planeten!! Der Welterschöpfungstag ist durch den Verbrauch in (Nieder)Österreich bereits im April erreicht! Das ist eine beschämende Tatsache! Das bedeutet, dass der Energiehunger sehr stark reduziert werden muss, wenn erstens der Klimaveränderung Grenzen gesetzt werden sollen und zweitens die Notwendigkeit alternativer Energiequellen die verbliebenen natürlichen Lebensräume nicht gänzlich auffressen soll. Insoferne ist die Neuerrichtung eines Kampkraftwerkes nicht zukunftstauglich und sogar schädlich für das Gesamtgleichgewicht der Natur, das es vorrangig zu unterstützen gilt. Das Land NÖ müßte also zunächst auch unliebsame und unpopuläre Maßnahmen treffen, die geeignet sind, eine deutliche Reduktion des Verbrauches zu erwirken. Beim Umstieg auf erneuerbare Energien ist das geringste Übel zu wählen und nicht wie in diesem Fall auch noch ein wertvolles Naturjuwel zu zerstören. Dem großen Bewußtsein für die Umweltkrisen, welches das Land NÖ der Öffentlichkeit kommuniziert,  müssen politische Entscheidungen folgen, die tatsächlich große Veränderung herbeiführen, welche der Dimension der Krise und Bedrohung gerecht wird. Anstelle einer Genehmigung des Kraftwerkes Rosenburg neu muss jetzt und sofort und ohne Wehleidigkeit ein Primat der Ökologie zur politischen und gesellschaftlichen Handlungsrichtlinie erhoben werden. Nur so kann die NÖ Landesregierung verhindern, dass die Unersättlichkeit anderer Menschen mich, meine Familie und Nachkommen in eine verarmte, homogene, eintönige und durchtechnisierte Umwelt mithineinzwingt.