Die Falter-Journalistin und Buchautorin Doris Knecht kennt und liebt das Kamptal. In einer Kolummne (Ausgabe 38/18) meint sie: „Es ist so schön dort, man möchte vor Glück platzen.“ Daher findet sie die EVN-Pläne für den Neubau des Kraftwerks Rosenburg nicht so gut…
„Ich habe dann gehört, dass das Hotel-Licht-Problem schon viele Leute überall auf der Welt hatten. Weil ich letztes Mal hier darüber geschrieben habe, dass ich in einem Hotel die Lichtschalter nicht fand. Offensichtlich ist es in der Hotellerie üblich geworden, die Nächte der Gäste mit lustig versteckten Schaltern indirekter Beleuchtungsquellen zu verlängern. Jemand erzählte mir von einem Hotelzimmer mit 53 Lichtquellen: Horrorhaus! Wenn man mich ködern will, dann mit dem Versprechen, dass es nur ein Hauptlicht, ein WC-Licht und ein Nachttischlicht gibt. Man muss ja nicht gleich so weit gehen, dass man nachts den Strom in den Gästezimmern komplett ausschaltet, auch den in den Steckdosen. Gibt’s auch. Besser als 53 Lampen.
Weil, apropos Strom: Die EVN will in Niederösterreich, bei der Rosenburg im Kamptal, mitten im Europaschutzgebiet, ein neues Kraftwerk in den Kamp bauen: Ein ganzer Kilometer lebendiger, unberührter Flusslandschaft, in der zahllose Vogelarten brüten, soll eineinhalb Meter tief ausgebaggert und verbreitert werden. Insgesamt sollen für ein Minikraftwerk im alten Krafthaus fast fünf Hektar Wald gerodet und die Staumauer um mehr als eineinhalb Meter erhöht werden. Damit dort Lastwagen und Bagger die Flusslandschaft zerstören können, soll eine neue, Lkw-taugliche Betonbrücke gebaut werde, um die Tonnen von Aushub aus dem Kamp abtransportieren zu können. Der Zweck der Zerstörung dieses Natura-2000-geschützten Teils des Kamptales, einer unberührten Aulandschaft: ein Minikraftwerk für die Stromversorgung von nur 1200 zusätzlichen Haushalten.
Ich kenne diese Kamp-Landschaft; ich bin dort gewandert, habe Schwammerln gesucht und bin mit dem Kajak gefahren. Es ist so schön dort, man möchte vor Glück platzen. Paradies Hilfsausdruck. Dass man diese Natur dort, dieses Flussjuwel für eine derart minimale Stromausbeute zerstören möchte: Es ist, als stolperte man in ein Zeitloch, als würde man in die 80er-Jahre zurückgeworfen. Man kann, wie so oft derzeit, nicht glauben, dass man gegen so was immer noch protestieren und demonstrieren muss: Haben wir das nicht schon alles besprochen? Haben wir überhaupt nichts gelernt? Gab es nicht längst einen Konsens über das alles? Zum Beispiel, dass wir zur Stromgewinnung keine geschützten Au-und andere Flusslandschaften mehr zerstören, alte Bäume und Waldteile roden, die ökologischen Grundlagen eines Flusses ruinieren, Wildtiere vertreiben, die Brutplätze von Vögeln kaputtbaggern wollen?
Es geht beim Rosenburg-Kraftwerk- Konflikt nicht um ein kleines lokales Kraftwerk: Es geht, wie schon in Hainburg, wie jetzt auch beim Hambacher Forst, um eine grundsätzliche Entscheidung, wie wir mit unserem Lebensraum umgehen, unserer Natur, den letzten Orten, an denen sie noch unberührt ist. Oder was wir noch alles zerstören wollen, oder ob wir nicht vielleicht doch lieber intensiver in erneuerbare Energien, besonders Fotovoltaik, investieren sollten. www.lebendiger-kamp.at, wen’s interessiert.“
(Quelle: Falter 38/18)
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