Organisationen fordern freie Fließstrecke für Kamp bei Rosenburg, verbesserte Durchgängigkeit des Flusses und konsequenten Naturwaldschutz
(16. Juni 2023) Die Bürgerinitiative „Lebendiger Kamp“, Naturschutzbund NÖ, Riverwatch und WWF veröffentlichen anlässlich der Wiederaufnahme der Kraftwerksplanungen durch die EVN eine „Vision für ein lebendiges Kamptal“. Hintergrund ist, dass die EVN weiter an einem massiven Ausbau des Kraftwerks in Rosenburg festhält. Wie nun bekannt wurde, hat das Unternehmen im März 2023 ein neues Kraftwerks-Projekt eingereicht.
Die Organisationen schlagen mit der neuen Vision eine konkrete Alternative zur Verbauung vor, nämlich den Kamp von der bereits sanierten Mündung in die Donau bis ins Mittlere Kamptal bei Thurnberg) zu renaturieren, die ökologisch außerordentlich wertvollen, urwaldähnlichen Hangwälder vor weiteren zerstörerischen Fällungen zu bewahren und die Region nachhaltig mit einem Schwerpunkt auf sanften Naturtourismus zu entwickeln.
Mit insgesamt 45 Einzelmaßnahmen legen die Umweltorganisationen ein umfangreiches Sanierungspaket für den Fluss vor. Gefordert wird unter anderem die Wiederherstellung der freien Fließstrecke zwischen Rosenburg am Kamp und dem bestehenden Kraftwerk Thurnberg. Dafür soll das veraltete Wehr des Kraftwerks Rosenburg entfernt werden. Des Weiteren muss der untere und mittlere Kamp durch verbesserte Fischaufstiegshilfen an den Wehren für Donaufische durchgängig gemacht werden. Und: Die ökologisch höchstwertigen, urwaldähnlichen Hangwälder im mittleren Kamptal sollen – entsprechend der geltenden EU-rechtlichen Vorgaben – vor weiteren Abholzungen bewahrt werden.
„Das Kamptal ist ein Hotspot der Artenvielfalt und also solches prädestiniert für die Umsetzung der EU Biodiversitätsstrategie”, betont Gerhard Egger vom WWF Österreich, “ein Ausbau des Kraftwerks Rosenburg ist mit den rechtlichen Schutzzielen für die Region nicht vereinbar”.
Die Bürgerinitiative und die Naturschutzverbände kritisieren, dass die EVN den energiewirtschaftlich unbedeutenden und ökologisch widersinnigen Neubau des Kraftwerks Rosenburg mit vorgeschobenen Klimaschutz-Argumenten durchpeitschen will. „Wir brauchen endlich eine echte Wende in der Natur- und Energiepolitik, die weg kommt von der scheibchenweise Vernichtung unserer letzten Naturoasen,“ so Ulrich Eichelmann, Geschäftsführer von Riverwatch. .
Die EVN plant die Errichtung einer neuen, deutlich höheren und größeren Staumauer und eine Ausbaggerung des Flusses unterhalb des Krafthauses auf 1,5 Kilometern Länge. Dies hätte dramatische Folgen für den ohnedies schon durch die Staukette im Mittleren Kamptal ökologisch belasteten Kamp, vor allem für die Fischfauna.
„Wir sind mit einer gefährlichen globalen Klima- und Naturkrise konfrontiert,“ sagt Margit Gross vom Naturschutzbund Niederösterreich, “Intakte Naturräume, Feuchtwiesen, alte Wälder und frei fließende Flüsse – wie wir sie im Kamptal noch vorfinden – sind unsere besten Verbündeten im Kampf gegen die Klimakrise.“
„Wir sind überzeugt, dass das Kamptal eine positiveren und nachhaltigeren Entwicklungsweg nehmen wird, wenn die Erhaltung der Naturlandschaft inkl. sanftem Tourismus Vorrang vor einem umweltzerstörenden Kraftwerksneubau bekommt,“ unterstreicht Clemens Feigel von der Bürgerinitiative Lebendiger Kamp. „Die bescheidene Energieausbeute des neuen Kraftwerks Rosenburg würde schneller, billiger und umweltschonender durch Sonnenstrom produziert werden können – etwa auf nahe gelegenen Einkaufszentren und Gewerbedächern.“
Hintergrund: EU-Vorgaben für Naturschutz und Renaturierung
Im Rahmen der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 als Herzstück des ”Green Deal” der EU sollen mindestens 25.000 km Fluss in der EU renaturiert und von Dämmen befreit sowie alle Natur- und Urwälder in der EU kartiert und strikt geschützt werden. Das untere und mittlere Kamptal sollte wegen seines herausragenden ökologischen Potenzials nach Ansicht der Organisationen in diesem Zusammenhang mit Priorität behandelt werden. Der Schutz des Kamptals ist nach ihrer Meinung eine politische Nagelprobe dafür, ob die Klima- und Naturkrise tatsächlich ernsthaft bekämpft wird.