Renaturierung des Kamps zwischen Donau und den Kamp-Stauseen ist das Ziel – viele Fragen im Zusammenhang mit neuem EVN-Projekt offen
(16.1.2024) Die Bürgerinitiative „Lebendiger Kamp“, der Naturschutzbund NÖ, Riverwatch und WWF begrüßen die Ankündigung der EVN, den geplanten Ausbau des Kraftwerks Rosenburg fallen zu lassen. Den Rückzieher der EVN bewerten die Organisationen als „Erfolg“ des beharrlichen Engagements vieler Menschen im Kamptal.
Bei den Kampschützern gibt es jedoch im Zusammenhang mit dem neuen EVN-Projekt noch viele Fragen. Laut EVN-Presseaussagen soll die Energieausbeute des Kraftwerks Rosenburg um 25% erhöht werden. Es ist jedoch völlig unklar, wie das erreicht werden soll und was dies für die Restwasserstrecke im Kamp zwischen Staumauer und Kraftwerk und somit für die Passierbarkeit des Kamps für großwüchsige Schwarmfische wie Nase oder Barbe bedeuten würde. Auch über die Zukunft des das Landschaftsbild prägenden alten Krafthauses liegen derzeit keine Angaben vor.
Die Organisationen werden das künftige neue EVN-Projekt daher genau unter die Lupe nehmen – und bieten EVN und NÖ Landesregierung einen Dialog mit dem Ziel einer umfassenden ökologischen Sanierungslösung für den gesamten Kamp-Mittellauf an.
Die ursprünglichen EVN-Pläne hatten vorgesehen, eine neue, größere Staumauer und ein neues Krafthaus zu errichten sowie den Kamp unterhalb des Kraftwerks auf 1,5 Kilometer Länge auszubaggern. Dies hätte der artenreichen Naturlandschaft im national und EU-rechtlich geschützten mittleren Kamptal eine schwere Wunde zugefügt. EU-rechtliche Bestimmungen (Natura 2000, Wasserrahmenrichtlinie) erfordern neben der Unterlassung von Verschlechterungen auch ökologische Verbesserungen, etwa zur besseren Fisch-Durchgängigkeit des Kamps. Dazu haben die Organisationen im Frühjahr 2023 eine „Vision für ein lebendiges Kamptal“ (https://lebendiger-kamp.at/renaturierung-kamptal-initiative-und-naturschutzorganisationen-praesentieren-vision-fuer-ein-lebendiges-kamptal/) vorgelegt, die für sie nun die Zielrichtung vorgibt.
„Was für eine freudige Überraschung“, meint Sibylle Steidl, Erstunterzeichnende der „Bürgerinitiative Lebendiger Kamp“, “uns ist es tatsächlich gelungen, die Pläne für den Neubau des Kraftwerks vom Tisch zu bekommen. Dank der vielen Menschen, die sich im Kamptal engagiert haben. Die Bürgerinitiative hat somit erstmal ihr Ziel erreicht.“ Die Psychotherapeutin fügt hinzu: „Privat bin ich gespannt, wie es weitergeht. Eine Renaturierung des gesamten Kamp bis zur Staukette wäre natürlich das Nonplusultra.“
Margit Gross, Naturschutzbund NÖ: “Wir freuen uns sehr darüber, dass die EVN sich vom Kraftwerks-Neubau verabschiedet hat. Wir werden uns die neuen EVN-Pläne ansehen und diese im Hinblick auf unsere ‘Vision für ein lebendiges Kamptal” bewerten. Der Kamp ist ein ökologisch herausragender Fluss, der eine umfassende Renaturierung und hochrangigen Schutz verdient. Hier sind nun auch das Land Niederösterreich und der Eigentümer des Flusses, der Bund, gefordert. Denn der Verzicht auf den Neubau des Kraftwerks ist zwar ein erster sehr wichtiger Schritt in Richtung eines lebendigen Kamps, weitere Schritte zu seiner Renaturierung müssen aber folgen.”
Ulrich Eichelmann, Geschäftsführer von „Riverwatch“, erklärt: „Die Ankündigung der EVN, das Kraftwerk Rosenburg nicht auszubauen, ist erfreulich, kann aber nur ein erster Schritt sein. Um wieder einen ‚lebendigen Kamp‘ zu bekommen, reicht es nicht, eine Verschlechterung zu verhindern – der Kamp braucht eine Verbesserung. Dazu muss der Damm in Rosenburg entfernt werden. Weltweit werden immer mehr Staumdämme abgerissen, 2024 etwa am Klamath River, USA, drei bis zu 65 Meter hohe Wasserkraftwerke. In Spanien, Finnland und Frankreich geschieht Ähnliches. Es wird Zeit, dass auch in Österreich Flüsse abschnittsweise befreit werden.“
Gerhard Egger, Flussexperte beim WWF Österreich betont: “Der dramatische Rückgang der Abflüsse im Kamp in den letzten Jahren um ein Drittel aufgrund der Erderhitzung stellt die Sinnhaftigkeit einer energetischen Nutzung wohl grundsätzlich in Frage. Zur Abfederung der Folgen der Klimakrise braucht es eine umfangreiche ökologische Sanierung an der sich die EVN jedenfalls beteiligen muss. Gerade in Zeiten steigender Temperaturen brauchen wir dringend naturnähere, klima-fitte Flüsse.”