Wilder Fluss, wilde Wälder: Das mittlere Kamptal ist ein einzigartiges Naturparadies. Und das soll auch so bleiben! Die Aktionsgruppe „Lebendiger Kamp“ will das Kamptal in seiner Schönheit, Wildheit und Artvielfalt erhalten. Für die Lebewesen in der Natur und für die Menschen. Der geplante Neubau des Kampkraftwerks Rosenburg würde dieses Paradies aber teilweise zerstören. Und Abholzungen bedrohen die höchst wertvollen Naturwälder…
Kennen Sie das Kamptal? Wenn nein, dann sollte Sie das rasch nachholen…
Flussaufwärts von Rosenburg fließt der Kamp durch eine besonders schöne, urtümliche und wenig erschlossene Tallandschaft. Das Kamptal ist tief in die umgebende Hochfläche eingeschnitten.
Die Hänge der Talmäander sind mit teilweise sehr naturnahen, ja sogar urwaldartigen, Wäldern bewachsen. Diese Waldjuwelen sind jedoch – obwohl sie in einem Natura 2000-Gebiet liegen – nicht vor Abholzungen geschützt. Erst vor kurzem wurde ein uralter Buchen-Linden-Mischwald mit mehr als 300 Jahre alten Bäumen kahlgeschlagen. Ursprüngliche Wälder dieser ökologischen Qualität gibt es in Österreich, ja in Mitteleuropa, fast keine mehr…
Wilde Felsformationen und schmalen Auen säumen das rauschende Forellengewässer. Das mittlere Kamptal hat einen außerordentlichen Naturwert, hier finden sogar seltene Arten wie Uhu und Schwarzstorch, Smaragdeidechse und Würfelnatter, Alpenbock und Scharlachkäfer, Wasseramsel, Eisvogel und viele andere geschützte Arten einen ungestörten Lebensraum.
Weiter flussaufwärts sieht die Situation freilich anders aus: Mit dem Bau der Speicherseen Ottenstein, Dobra-Krumau und Thurnberg-Wegscheid in den Nachkriegsjahren hat die NEWAG (Vorläufer der EVN) schwerwiegend in das Ökosystem eingegriffen. Obwohl die Seen touristisch beliebt und meist schön anzusehen sind, haben sie das Kamptal in diesem Bereich völlig verändert: Talbereiche wurden überstaut, die freie Fliessstrecke und somit der Lebensraum von vielen Wasserbewohnern ist heute unterbrochen, die Wasserqualität hat sich verschlechtert und die Wassertemperatur im Unterlauf wurde durch das Tiefenwasser aus der Seenkette verringert.
NEWAG und Politik wollten es damit nicht bewenden lassen: Zwei weitere große Speicherseen in Steinegg und Rosenburg waren geplant. Doch zwischen 1980 und 1983 gelang es der engagierten Initiative „Rettet das Kamptal“ – einem Zusammenschluss von Einheimischen, Naturschützern und Wissenschaftlern – dank Unterstützung der „Kronenzeitung“ und des Gesundheits-Vorkämpfers Willi Dungl, die Errichtung der beiden Kraftwerke abzuwehren. Es setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Erhaltung der Fliessstrecke und der naturnahen Tallandschaft auch als touristische Alternative der Vorzug zu geben ist. Damals wurde sogar über die Errichtung eines Nationalparks diskutiert. Heute ist das mittlere Kamptal als Europaschutzgebiet ausgewiesen.
Wegen seiner Naturnähe wurde der mittlere Kamp von WWF und Lebensministerium sogar in den Katalog der sogenannten „Flussheiligtümer“ aufgenommen. Damit hat sich die Republik verpflichtet, sich für seinen Schutz und seine Erhaltung einzusetzen. Leider geraten solche Versprechen mitunter in Vergessenheit…
Das Kamptal ist nicht nur ein Rückzugsgebiet seltener Arten sondern auch beliebtes Erholungsgebiet für Einheimische und Ausflügler aus den Städten: Kanu- und Kajakfahrer lieben den wilden Kamp und Wander wissen die „heilige Ruhe“ zu schätzen…
Es wieder still geworden im Kamptal, nach Absage dieser Wahnsinnspläne.
Noch…
Neubau Kraftwerk Rosenburg?
Nun droht wieder Ungemach: Die EVN will das 1907 erbaute historische Kraftwerk Rosenburg abreissen und in einer vergrößerten Form neu errichten.
Das bedeutet: eine neue und höhere Staumauer, einen entsprechend höheren und längeren Stausee, die Zerstörung der Uferbereiche des existierenden Sees, die Beeinträchtigung von Aulandschaften (Weichholz- und Hartholzaue), die Ausbaggerung von 1,5 Kilometer Fluss im Bereich des Unterwassers und natürlich schwere Beeinträchtigungen des Tals durch die Bauarbeiten selbst.
Der schwere Eingriff in das Europaschutzgebiet soll ein höheres „Stauziel“ ermöglichen, also das Kraftwerk rentabler machen. Die Stromausbeute des vergrößerten Neubaus wäre aber immer noch bescheiden und würde kaum zur Energieversorgung beitragen. Um den Menschen das neue Kraftwerk schmackhaft zu machen, bezeichnet der Betreiber EVN das neu gebaute Kraftwerk behübschend als „Kraftwerks-Revitalisierung“ oder „Modernisierung“ und behauptet, eine „ökologisch optimierte Variante“ anzustreben.
Die Revitalisierung alter Kraftwerke und Massnahmen zur Effizienzsteigerung bestehender Anlagen an sich können sehr sinnvoll sein. Ein neu errichtetes Kraftwerk ist und bleibt aber ein neu errichtetes Kraftwerk – und damit ein schwerer Eingriff in eine der letzten großen naturnahen Flusslandschaften Österreichs. Da hilft auch keine Öko-Behübschung und kein Pseudo-Öko-Umetikettierung!
Wir sagen: Ja zur Erhaltung des Naturparadieses, ja zur Förderung des Naturtourismus, ja zur ökologischen Energiewende – aber nein zu einem Kraftwerksneubau mitten in einem der letzten „Flussheiligtümer“ Österreichs und nein zur weiteren Zerstörung dieses bedeutenden Naturjuwels!
Auf den Dächern der unzähligen Shoppingcenter und Groß-Gewerbegebäude in Niederösterreich sucht man vergeblich nach Solarstrom-Kraftwerken.
Es ist inakzeptabel, dass die EVN diesen Sonnenstrom ungenutzt läßt und statt dessen eine der wertvollsten Naturlandschaften in NÖ für ein energetisch irrelevantes Kleinkraftwerk zerstören will…