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Rechnungshof: In Niederösterreich nur mehr 31% der Flüsse intakt

Laut dem Bericht des Rechnungshofs zur „Ökologisierung Fließgewässer, zweite Sanierungsperiode“ sind nur mehr 40 Prozent der heimischen Fließgewässer in einem „guten ökologischen Zustand“.  Und die Sanierung läßt auf sich warten…

Der Rechnungshof konstatiert, dass zwar fast alle österreichischen Fließgewässer wieder einen  „guten chemischen Zustand“ erreichen, aber bloss 40 Prozent dieser Gewässer sind ökologisch noch intakt bzw. zeigen ein gutes ökologisches Potenzial. Die Lage ist in Salzburg und Tirol mit 59 bzw. 57 Prozent etwas besser. In Niederösterreich und der Steiermark weisen  jedoch nur 31 bzw. 34 Prozent der Fließgewässer einen guten ökologischen Zustand auf.

Das oberste Prüforgan der Republik hat sich die heimischen Fließgewässer genauer angesehen, weil die EU-Wasserrahmenrichtlinie (gültig seit dem Jahr 2000) keine weiteren Verschlechterungen der Gewässer zuläßt bzw. Verbesserungen für alle Flüsse verlangt, die  keinen guten Zustand aufweisen. Die absolute Deadline dafür ist das Jahr 2027.
Davon ist man in Österreich aber offenbar noch meilenweit entfernt: Es mangelt u.a. nach wie vor an ausreichender „Durchgängigkeit“ der Flüsse – etwa für Fische (wegen der vielen Querbauwerke wie Staumauern).
Niederösterreich ist das unrühmliche Schlußlicht in Österreich was die ökologische Qualität der Flüsse betrifft.  Auch aus diesem Grund ist der geplante Abriss und Neubau des Kamp-Kraftwerks Rosenburg die falsche Entscheidung.

Über 580 Arten am Tag der Artenvielfalt im Kamptal!

Mehr als 580 Arten, darunter 353 Pflanzenarten, 72 Tag- und Nachtfalter, 56 Vogelarten, 17 Heuschreckenarten, 15 Käferarten und zahlreiche Arten aus anderen Organismengruppen waren die „Ausbeute“ des Tages der Artenvielfalt am Kamp bei Rosenburg.

Der Tag der Artenvielfalt begann am Abend des 17. Mai mit einem Schmetterlingsleuchten und endete am frühen Nachmittag des darauffolgenden Samstags.  Unter den Arten fanden sich zahlreiche gefährdete und damit auch geschützte Arten: Bekannte wie der Eisvogel, der Baumfalke und Wespenbussard, der Trauermantel, die Würfelnatter und die Smaragdeidechse, aber auch weniger bekannte Arten wie der Ruten-Lattich, das Christusauge, das Meergrün-Sesel, der Alexis-Bläuling.

In nur wenigen Stunden gelang es damit den 15 Expertinnen und Experten auf die große Vielfalt des mittleren Kamptales aufmerksam zu machen. 80 TeilnehmerInnen begleiteten die Artexperten auf ihrer Suche und konnten damit hautnah die Vielfalt miterleben.

Vielen herzlichen Dank an alle Expertinnen und Experten!

Thomas Zuna-Kratky, Gerald Dick und Norbert Griebl erläutern die Artenvielfalt im Kamptal bei Rosenburg:

Tag der Artenvielfalt im Kamptal am 18. Mai 2019
Der Kamp ist Lebensraum der stark bedrohten Würfelnatter
Thomas Zuna-Kratky erläutert den enormen Vogelreichtum des Kamptals
Das artenreiche Kamptal als Forschungsobjekt…
Herr Smaragdeidechse posiert…
Konsilium der ExpertInnen

17. und 18. Mai: Tag der Artenvielfalt im Kamptal

Um auf den Wert der Artenvielfalt aufmerksam zu machen und die Schutzwürdigkeit des Kamptals hervor zu streichen laden die Naturschutzorganisationen Naturschutzbund Niederösterreich, Riverwatch und WWF gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Lebendiger Kamp“ am 17. und 18. Mai zum „Tag der Artenvielfalt im Kamptal“.

Die Veranstaltung bietet die Möglichkeit, gemeinsam mit WissenschaftlerInnen den Natur-Reichtum des Kamptals zu erforschen und zu dokumentieren.

Folgende Arten kommen unter anderen im Kamptal vor, Sichtungen sind also möglich:

  • Eisvogel, Wasseramsel, Schwarzstorch und Schwarzspecht
  • Würfelnatter, Schlingnatter, Ringelnatter und Äskulapnatter
  • Smaragdeidechse und Zauneidechse
  • Rotbauchunke, Laubfrosch und Springfrosch
  • Biber
  • Hirschkäfer und Scharlachkäfer
  • Grüne Keiljungfer und Blauflügelige Prachtlibelle
  • uvm.

wo: bei der Zinnermühle (beim Kraftwerk Rosenburg)

Freitag, 17. Mai um 20:30 Uhr Schmetterlingsleuchten um die große, im Dunkeln verborgende Vielfalt zu erleben.

Samstag, 18. Mai
6:00 Uhr: Treffpunkt für „Birder“ und FrühaufsteherInnen;
10:00 Uhr: Treffpunkt für alle anderen: Nach einer kurzen Einführung erfolgt eine  Aufteilung in mehrere thematisch unterschiedliche Gruppen, die dann zu den jeweiligen Suchgebieten losziehen.
14:00 Uhr kommen wieder alle zusammen und es gibt einen Austausch über die Funde.

Experten:

  • Pflanzen: Mag. Joachim Brocks, Norbert Griebl, Mag. Gerhard Egger, Dr. Martin Scheuch
  • Vögel: DI Thomas Zuna-Kratky, Dr. Gerald Dick
  • Amphibien und Reptilien: Johannes Hill
  • Fische: Dr. Gerald Dick
  • Schmetterlinge: Andreas Pospisil, Hans Fuxa, OliverJanzek
  • Heuschrecken. Doris Walter
  • Libellen: Martina Staufer Bsc.
  • Hummeln: Maria Zacherl
  • Ameisen: Niklas Hawlitschek
  • u.a.

Bitte hinkommen und weitersagen!

PS.: Proviant für Picknick nicht vergessen

Weltweites Artensterben: Natur- und Klimaschutz sind Zwillinge, keine Gegner

Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Die Menschheit ruiniert weltweit ihr Überlebensfundament – die Basis unserer Volkswirtschaften, Lebensgrundlagen, Nahrungsmittelsicherheit und Lebensqualität. Das sagt Robert Watson, der den bisher umfangreichsten UNO-Bericht zum Zustand der globalen Biodiversität und Ökosystemleistungen  geleitet hat. Die 132 Mitgliedsstaaten des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) haben den Bericht am 6. Mai in Paris verabschiedet.

„Wir müssen den Verlust unserer natürlichen Umgebung verlangsamen. Es geht um unsere Wälder, unsere Feuchtgebiete, unser Weideland, unsere Korallenriffe und um die Arten – von den Insekten bis hin zu den großen charismatischen Tieren und natürlich den Pflanzen,“ betont Robert Watson.

Die Studie macht auch klar, dass der Schutz der weltweiten Ökosysteme und der Klimaschutz Hand in Hand gehen müssen – und nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Sie sind gewissermassen „Zwillinge“ und keine Gegner.

Für die aktuelle Neuauflage des Weltbiodiversitäts-Berichts sammelten 150 Experten aus 50 Ländern drei Jahre lang alles vorhandenes Wissen aus unzähligen Studien und Papieren.

Die zentralen Aussagen des Berichts sind düster und alarmierend:

– Von den geschätzten acht Millionen Tier- und Pflanzenarten weltweit ist rund eine Million vom Aussterben bedroht.
– Das Ausmaß des Artensterbens war in der Geschichte der Menschheit noch nie so groß.
– Die Aussterberate nimmt weiter zu.
– Drei Viertel der Naturräume auf den Kontinenten wurden vom Menschen bereits erheblich verändert, in den Meeren zwei Drittel.
– Die Tendenz ist nahezu überall negativ.

Der Bericht listet auch mögliche Massnahmen gegen diese Bedrohung – etwa gehe es „kurzfristig eine Neuausrichtung der Landwirtschaft und eine Trendwende bei der Flächeninanspruchnahme. Mittelfristig sind unter anderem der Welthandel und das Finanzsystem an Nachhaltigkeitskriterien auszurichten und ökonomische Ungleichheit zu reduzieren. Mittel- bis längerfristig sind Transparenzregeln in Macht- und Entscheidungsstrukturen, in denen die Wechselbeziehungen zwischen Natur und Gesellschaft gestaltet werden, durchzusetzen,“ formuliert Jens Jetzkowitz, einer der Leitautoren des IPBES-Berichts.

Vorteile aus der Nutzung der Natur müßten gerecht verteilt, Biodiversitäts-Auswirkungen in wirtschaftlicher Bilanzierung, Steuern, Subventionen und internationalen Geschäften berücksichtigt, Schutzgebiete vergrößert, vernetzt und angemessen gemanagt, naturfreundliche Technologien gefördert, finanzielle Mittel bereitgestellt, Bewusstsein geschaffen und Wissen vermittelt werden.

Der Schutz unserer „Restnatur“ und ihrer Ökosystemleistungen ist von globaler Bedeutung und hat Überlebensrelevanz für die Menschheit.

Konsequenter Naturschutz ist daher eine zentrale Aufgabe für alle.

Und das gilt überall auf unserem Planeten. Klima- und Ökosystemschutz  müssen gemeinsam und vernetzt umgesetzt werden. Und das mit viel mehr Ernsthaftigkeit.

Für unser unmittelbares Umfeld kann das nur bedeuten: Schützen wir die letzten noch verbliebenenen Restflächen an intakten natürlichen Ökosystemen – wie im Kamptal. Gleichzeitig braucht es eine Reduktion des ökologischen Fussabdrucks – also weniger Energieverbrauch, weniger Flächeninanspruchnahme, weniger „Naturverbrauch“. 

Unsere Botschaft daher an die EVN und das Land NÖ: Lasst das wunderbare Kamptal in Frieden. Und kümmern wir uns um die wirklich wichtigen Aufgaben – wie Reduktion des Straßenverkehrs, Senkung des Energieverbrauchs, Solarstrom-Ausbau, Eindämmung der Zersiedelung oder Verbesserung des Naturschutzes!

Falter-Journalistin Doris Knecht über das beglückende Kamptal – und das Kraftwerk Rosenburg…

Die Falter-Journalistin und Buchautorin Doris Knecht kennt und liebt das Kamptal. In einer  Kolummne (Ausgabe 38/18) meint sie: „Es ist so schön dort, man möchte vor Glück platzen.“ Daher findet sie die EVN-Pläne für den Neubau des Kraftwerks Rosenburg nicht so gut…

„Ich habe dann gehört, dass das Hotel-Licht-Problem schon viele Leute überall auf der Welt hatten. Weil ich letztes Mal hier darüber geschrieben habe, dass ich in einem Hotel die Lichtschalter nicht fand. Offensichtlich ist es in der Hotellerie üblich geworden, die Nächte der Gäste mit lustig versteckten Schaltern indirekter Beleuchtungsquellen zu verlängern. Jemand erzählte mir von einem Hotelzimmer mit 53 Lichtquellen: Horrorhaus! Wenn man mich ködern will, dann mit dem Versprechen, dass es nur ein Hauptlicht, ein WC-Licht und ein Nachttischlicht gibt. Man muss ja nicht gleich so weit gehen, dass man nachts den Strom in den Gästezimmern komplett ausschaltet, auch den in den Steckdosen. Gibt’s auch. Besser als 53 Lampen.

Weil, apropos Strom: Die EVN will in Niederösterreich, bei der Rosenburg im Kamptal, mitten im Europaschutzgebiet, ein neues Kraftwerk in den Kamp bauen: Ein ganzer Kilometer lebendiger, unberührter Flusslandschaft, in der zahllose Vogelarten brüten, soll eineinhalb Meter tief ausgebaggert und verbreitert werden. Insgesamt sollen für ein Minikraftwerk im alten Krafthaus fast fünf Hektar Wald gerodet und die Staumauer um mehr als eineinhalb Meter erhöht werden. Damit dort Lastwagen und Bagger die Flusslandschaft zerstören können, soll eine neue, Lkw-taugliche Betonbrücke gebaut werde, um die Tonnen von Aushub aus dem Kamp abtransportieren zu können. Der Zweck der Zerstörung dieses Natura-2000-geschützten Teils des Kamptales, einer unberührten Aulandschaft: ein Minikraftwerk für die Stromversorgung von nur 1200 zusätzlichen Haushalten.
Ich kenne diese Kamp-Landschaft; ich bin dort gewandert, habe Schwammerln gesucht und bin mit dem Kajak gefahren. Es ist so schön dort, man möchte vor Glück platzen. Paradies Hilfsausdruck. Dass man diese Natur dort, dieses Flussjuwel für eine derart minimale Stromausbeute zerstören möchte: Es ist, als stolperte man in ein Zeitloch, als würde man in die 80er-Jahre zurückgeworfen. Man kann, wie so oft derzeit, nicht glauben, dass man gegen so was immer noch protestieren und demonstrieren muss: Haben wir das nicht schon alles besprochen? Haben wir überhaupt nichts gelernt? Gab es nicht längst einen Konsens über das alles? Zum Beispiel, dass wir zur Stromgewinnung keine geschützten Au-und andere Flusslandschaften mehr zerstören, alte Bäume und Waldteile roden, die ökologischen Grundlagen eines Flusses ruinieren, Wildtiere vertreiben, die Brutplätze von Vögeln kaputtbaggern wollen?

Es geht beim Rosenburg-Kraftwerk- Konflikt nicht um ein kleines lokales Kraftwerk: Es geht, wie schon in Hainburg, wie jetzt auch beim Hambacher Forst, um eine grundsätzliche Entscheidung, wie wir mit unserem Lebensraum umgehen, unserer Natur, den letzten Orten, an denen sie noch unberührt ist. Oder was wir noch alles zerstören wollen, oder ob wir nicht vielleicht doch lieber intensiver in erneuerbare Energien, besonders Fotovoltaik, investieren sollten. www.lebendiger-kamp.at, wen’s interessiert.“
(Quelle: Falter  38/18)

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